Das Start-up Unternehmen INORCOAT setzt bei der Entwicklung von umweltfreundlichen Nanotechnologie-Beschichtungsanlagen auf E3.series von Zuken. Die erste Anlage wurde jüngst bei der portugiesischen Nationalbank für die Beschichtung von Prägestempeln für Euro-Münzen in Betrieb genommen. Die Einsatzmöglichen gehen aber weit über Prägestempel und Druckplatten hinaus. E3.series bietet die Möglichkeit, die elektrotechnische Ausrüstung der Anlagen zuverlässig auf spezifische Einsatzgebiete und Konfigurationen anzupassen.
Umweltfreundliche Technologien stehen derzeit hoch im Kurs – Reduktion des CO2-Ausstoßes, Vermeidung von Umweltgiften und Schonung von Ressourcen sind nur einige der Stichworte, die uns täglich in den Medien begegnen. Leider hat Umweltfreundlichkeit auch ihren Preis, denn vielfach sind alternative Technologien zwar verfügbar, aber viele sind derzeit noch zu teuer, um etablierte, aber in Sachen Umwelt zusehends bedenkliche Verfahren vollwertig ersetzen oder, wie es in der Fachsprache heißt, substituieren zu können. Konsequenter Weise werden Alternativen für umweltbelastende Technologien auch Substitutionstechnologien genannt.
Ein Beispiel für umweltbelastende Technologien ist das galvanische Verchromen – ein Verfahren, das nicht nur für die „Verschönerung“ von imposanten motorisierten Zweirädern meist amerikanischer Herkunft zum Einsatz kommt, sondern auch zur Erhöhung der Verschleißfestigkeit im industriellen Einsatz: Unter anderem werden Zylinderlaufbahnen von Motoren galvanisch verchromt. Im Maschinenbau kommt das Verfahren für die Veredelung von Gehäusen, Kolben, Pressformen, Messwalzen, Werkzeuge, Kolbenstangen und Wellen zum Einsatz und sogar in der Lebensmittelindustrie werden Rohre, Kühlzylinder, Schnecken und Trockenzylinder hartverchromt.
Wir haben uns die verfügbaren Anlagen angesehen und unter dem Aspekt betrachtet: Könnte man es einfacher und besser machen, ohne die Qualität des Ergebnisses nachhaltig zu beeinträchtigen?
Das galvanische Verchromen hat allerdings einen schwerwiegenden Nachteil: es ist höchst umweltschädlich und sollte bereits 2017 verboten werden. Dieser Termin wurde, wohl nicht zuletzt mangels Verfügbarkeit einer wirtschaftlichen Substitutionstechnologie, bis 2024 verlängert, doch früher oder später muss es durch alternative Verfahren ersetzt werden. Diese sind mit der Plasma-Beschichtungstechnologie – in der Fachsprache auch PVD (physical vapour deposition) genannt – zwar verfügbar, aber für viele Anwendungen derzeit noch zu teuer.
Umweltfreundliche Substitutionstechnologien wirtschaftlich machen
Diesem Mangel abzuhelfen hat sich Romain Waidelich mit seinem Start-Up Unternehmen INORCOAT auf die Fahnen geschrieben. Seine Idee ist es, “den komplexen Plasmabeschichtungs- oder PVD-Prozess zu vereinfachen und dem Kunden verständlicher und zugänglicher zu machen“.
Als Verfahrenstechniker mit langjähriger Erfahrung in der Prozessindustrie (Pharmazie, Lebensmittel) und dem Automobil-Zulieferbereich ist Romain Waidelich bereits frühzeitig mit der PVD-Technologie als Alternative zum galvanischen Verchromen in Berührung gekommen. Aus dieser langjährigen Beschäftigung reifte die Erkenntnis: „Viele der verfügbaren Anlagen sind vorwiegend unter wissenschaftlichen Aspekten entwickelt worden, und deshalb für eine industrielle Realisierung oft sehr teuer und ineffizient.“
Mit anderen Worten: Durch konsequente Optimierung sollte es möglich sein, die Kosten für PVD-Beschichtungsprozesse deutlich zu senken. “Wir haben uns die verfügbaren Anlagen angesehen und unter dem Aspekt betrachtet: Könnte man es einfacher und besser machen, ohne die Qualität des Ergebnisses nachhaltig zu beeinträchtigen? Wir kamen zu dem Ergebnis, dass bei konsequenter Umsetzung ein Einsparpotenzial von bis zu 50% realisiert werden kann, “ erzählt Romain Waidelich.
Einstieg über die Münzprägung
Diese Idee führte zur Selbstständigkeit im Jahr 2019 und zur Gründung der Firma INORCOAT in Ostfildern bei Stuttgart im Jahr 2020. Im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung der portugiesischen Münzprägeanstalt und nationalen Druckerei INCM wurde eine erste solche Anlage für die PVD-Beschichtung von Prägestempeln von portugiesischen Euro-Münzen entwickelt und zur Marktreife gebracht.
Der Grund für die nicht unbedingt auf der Hand liegende Zusammenarbeit ist schnell erklärt: Münzen müssen mit hohem gestalterischem Anspruch in großen Mengen in gleichbleibender Qualität realisiert werden. Zur Verschleißminderung werden aus diesem Grund die Prägestempel hartverchromt – in der Vergangenheit galvanisch und künftig im PVD Verfahren mit neuartigen Schichten. Die in Portugal geprägten 1-Euro Münzen und Medaillen werden bereits heute mit PVD-Technologie von INORCOAT geprägt.
Heute bietet INORCOAT mit den Produktreihen MS 700, MS 1000, MS 1400 und MS 2000 vier Basiskonfigurationen and, die auch im Erscheinungsbild höchst anspruchsvoll gestaltet sind. Diese Grundtypen können individuell konfiguriert und auf kundenspezifische Anforderungen angepasst werden, denn das Einsatzgebiet der Maschinen von INORCOAT ist keineswegs auf Münz-Prägestempel oder Druckplatten für Notenbanken beschränkt, wo Härte und Verschleißfestigkeit im Vordergrund stehen, sondern auch für vielfältige industrielle Anwendungen.
E3.series: Belastbare Daten für die Lieferkette
Für die Konzeption und Dokumentation der elektrotechnischen Ausrichtung der PVD Anlagen setzt INORCOAT auf E3.series von Zuken. “Die Elektronik und elektrotechnische Ausrüstung ist gewissermaßen das Herzstück einer PVD-Anlage”, erzählt Firmenchef Romain Waidelich. “Wir arbeiten hier im Bereich von 100 kW und müssen deshalb hohe Anforderungen an die EMV-Zertifizierung erfüllen. Eine umfassende und zuverlässige Dokumentation wie sie uns E3.series liefert, ist daher sehr wichtig.”
Ein weiterer Aspekt ist das Thema Kosten und Qualität: “Als schlankes Unternehmen sind wir auf eine flexible Zusammenarbeit mit Zulieferern angewiesen”, erklärt Romain Waidelich. “Wir legen deshalb Wert, die Schaltschrank- und Verkabelungs-Entwicklung als Kernkompetenz im Hause zu behalten. Mit E3.series haben wir die Möglichkeit, unsere Anlagen aus einer Bibliothek von zertifizierten Bauteilen modular zu konfigurieren und auf Knopfdruck belastbare Daten für die Angebotserstellung und Beauftragung produzieren zu können.”
Auf diese Weise sieht man sich gut gerüstet für neue Anwendungen in Prozessindustrie, Maschinenbau und Luftfahrt. Sogar gestalterische Möglichkeiten wie der Einsatz von Farbe – auch auf Münzen – sind machbar. Die Zusammenarbeit mit der portugiesischen Nationalbank hat offenbar “die Münze” ins Rollen gebracht. Man darf gespannt sein, wie es weitergeht.